
Gebäudedaten:
Baukosten:
Auf der Suche nach
neuen Räumen
Als sich immer deutlicher abzeichnete, daß wir im Gebäude in der
St. Niklasstraße auf Dauer nicht bleiben konnten, machten wir uns auf die Suche nach einem neuen Zuhause.
Verschiedenste Objekte wurden besichtigt, diskutiert und wieder verworfen.
Aufgrund der bestehenden Förderrichtlinien entschieden wir uns schließlich für einen Neubau,
der Platz für drei Gruppen bieten sollte.
Als uns von der Stadt Regensburg unter der damaligen Oberbürgermeisterin Christa Meier ein passendes Grundstück
in Burgweinting im Erbbaurecht angeboten wurde, begann die Angelegenheit konkret zu werden.
Zur selben Zeit waren erste Kontakte zu unserem späteren Architekten Winfried Reindl aus Karlsruhe entstanden.
Er wurde zu einem Vortrag eingeladen, sprach über lebendig-organisches Bauen und zeigte Dias
aus der Palette seiner bisherigen originellen, landschaftsbezogenen Projekte.
Der Bogen spannte sich vom Waldorfkindergarten in Norwegen über Wohnhäuser und Waldorfschulen in Deutschland
bis zur bio-dynamischen Form in Ägypten.
Wir waren begeistert. Der Gedanke, daß einmal ein ähnliches Bauwerk hier in Regensburg stehen könnte
und wir darin unseren Kindergarten betreiben,
regte sicherlich manche Köpfe zu phantasiereichen Höhenflügen an.
So lag nachdem wir mit dem Liegenschaftsamt in Verhandlungen über das Grundstück getreten waren,
bald ein erster Entwurf aus Herrn Reindls Hand auf dem Tisch.
Der Machtwechsel an der Rathausspitze verzögerte den Fortgang,
doch zum Jahresanfang 1997 gab der neue Oberbürgermeister Hans Schaidinger grünes Licht:
Der Erbbaurechtsvertrag konnte geschlossen werden. Nun begann ein intensives gemeinsames Planen und Arbeiten.
Regelmäßig fanden "Baukreise" statt dazu Gespräche mit Vertretern der Stadtverwaltung.
Als uns Herr Reindl und sein Team schließlich im Sommer den vierten Entwurf präsentierten,
hatten wir das sichere Gefühl:
Das wird unser neuer Kindergarten!
Spatenstich 1997
Zwei Tage vor Weihnachten 1997 waren dann alle Pläne und Unterlagen fertig,
so daß wir den Bauantrag bei der Stadt noch im alten Jahr stellen konnten.
Den Spatenstich hatten war ja vorsorglich schon am 19. Juli durch Bürgermeisterin Hildegard Anke
und unsere Kindergartenkinder vollzogen und mit einem großen Fest auf unserem Grundstück gefeiert,
da wir erwartet hatten, bereits im Herbst mit dem Bau beginnen zu können.
Bis dann wirklich alles unter Dach und Fach war, die Ausschreibung,
die Vergabegespräche mit den Handwerkern und vor allem die Finanzierung
- wir haben neben den öffentlichen Zuschüssen rund ein Drittel der Kosten selbst zu tragen -
wurde es wieder Sommer.
Doch schließlich rückten Ende Juni 1998 die Bauarbeiter mit Bagger,
Kran und Baucontainern an und legten auch gleich tüchtig los. Pentagondodekaeders
Nach dem der Mutterboden abgeschoben und die Baugrube ausgehoben war,
mußten über 50 Säulenfundamente bis zu einer Tiefe von drei Metern ausgeschachtet und betoniert werden,
um das Gebäude auf tragfähigen Grund zu stellen. Ein Bodengutachter hatte uns nämlich bis in diese Tiefe
neben Ton- und Sandschichten auch Torf- und Braunkohlelagen attestiert.
Grundsteinlegung
Als wir uns am Sonntag, dem 13. September, in einer großen Schar auf
der Baustelle zur Grundsteinlegung einfanden,
war inzwischen nicht nur die Bodenplatte fertig und ein großer Teil der Wände im Erdgeschoß
mit Ziegeln aufgemauert, auch die Geschoßdecke war kurz vorher noch eingeschalt und betoniert worden.
In einer festlich gestalteten Feierstunde versenkten wir im Eingangsbereich ein Kupfergefäß in Form eines
Pentagondodekaeders, in den wir unseren Grundsteinspruch, eine Rose, einen Jaspis, Sonnenblumensamen und die
Schrift Rudolf Steiners "Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkt der Geisteswissenschaft" gelegt hatten.
Die Maurerarbeiten gingen, trotz der oft ungewöhnlichen Bauweise, zügig weiter.
Auch die Zimmerleute ließen uns nicht warten und legten termingerecht den Dachstuhl auf.
So konnten wir zusammen mit den Handwerkern, unseren Kindern und Eltern am 13. November bei Blasmusik und
Gegrilltem in unserem zukünftigen Saal das Richtfest feiern.
Über uns wölbte sich die bereits eingebretterte Decke,
und Gasöfen sorgten für erträgliche Temperaturen.
Aber leider verzögerte in der folgenden Zeit ausdauernder Regen immer wieder die Fertigstellung des Daches
- laut Wetterforschern soll es der regenreichste November des Jahrhunderts gewesen sein.
Als dann im Dezember strenger Frost den Regen ablöste, verwandelte sich das Gebäude stellenweise in ein Eisstadion.
Man muß den Handwerkern, die trotz solcher widrigen Umstände mit den Installationsarbeiten
und dem Innenausbau weitermachten, wirklich Respekt zollen.
Gegen Weihnachten waren alle Dachflächen geschlossen und zumindest provisorisch abgedichtet.
Die Eindeckung mit Titain-Zink-Blech wurde dann erst im Frühjahr bei milderen Temperaturen fertig gestellt.
Als dann im Februar auch
alle Fenster gesetzt und eingeglast waren,
konnte die Heizung in Betrieb gehen und der weitere Innenausbau vorangehen.
Der mehrfach verschobene Einzugstermin war nun endlich in greifbare Nähe gerückt.
Auf der Baustelle ging es zu wie im Bienenstock:
Die Schreiner vollendeten die kunstvoll geschwungenen Holzdecken,
die Fußbodenleger verbreiteten mit dem Ahornparkett zukünftige Wohnlichkeit,
die Maler bereiteten den Untergrund für die aufwendigen Lasurarbeiten,
dazwischen Elektriker und Sanitärinstallateure und im Außenbereich die Verputzarbeiten.
Ein Traum wird wahr
Bald durften wir mit den Kindern in ein außergewöhnliches Haus einziehen, ein geglücktes Werk heiterer und heimeliger Architektur erobern, das durch seine leichten, lebendig-organischen Formen fasziniert und durch seine Farbgestaltung und ausgewählten Materialien bezaubert. In unserer Freude darüber schwingt ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit mit gegen über all denen, die diesen Kindergarten ermöglicht, die mit gearbeitet und geholfen haben:
den Verantwortlichen der Stadt Regensburg, den Gesprächspartnern der Sparkasse, den zahlreichen tüchtigen Handwerkern, die auch bei schwierigen und widrigen Verhältnissen ihr Bestes gaben!
Ein besonders warmherziger Dank gebührt unserem Architekten-Team mit Herrn Reindl, Herrn Schwarz und Frau Jürgens. Sie haben uns mit Kompetenz und äußerst liebenswürdig in den Entstehungsprozess einbezogen und unser gemeinsames Ziel mit Begeisterung verfolgt.
Ja, solche Glücksfälle gibt es! Und es gibt Menschen, die schickt einem direkt der Himmel!
Zu letzteren gehört unbestritten unser Bauleiter Ingenieur Karl Frigo.
Er stand uns als verläßlicher Partner während der gesamten Bauzeit stets fachkundig zur Seite
und meisterte seine Aufgabe an der Schnittstelle zwischen Planung und Ausführung
- hier waren immer wieder unkonventionelle Lösungen gefragt -
mit außerordentlicher Solidität und bewundernswerter Freundlichkeit!
Mit der Fertigstellung des Kindergartens hat der "Baukreis", gebildet aus Eltern und Vereinsmitgliedern, seine Aufgabe erfüllt.
Wir blicken zurück auf eine gemeinsame, arbeitsreiche und bewegte Zeit,
auf zahlreiche interessante Begegnungen und intensive neue Erfahrungen.
Architektur
Nicht durch Formzwang manipulieren soll die Architektur, sondern dem Geschehen eine fördernde, schützende und Freiraum schaffende Hülle erzeugen - das ist wahrer, vollendeter Funktionalismus.
Es waren nicht die Handwerker allein, die sich an die ungewohnten
Formen des Baues erst gewöhnen mußten, und neben Staunen war auch
manchmal Ärger, Befremden oder ein heimliches Schmunzeln zu verspüren.
Aber schlußendlich auch ein gewisser Stolz, einmal wieder im handwerklichen
Können gefordert zu sein ...
Muss denn immer alles krumm und schief sein?
Vielleicht sollten wir aber zur Beantwortung der oben gestellten Frage
einfach diejenigen ansprechen, für die das Gebäude gebaut wird:
die Kinder.
Wir werden dabei manche lustige oder nachdenkenswerte Antwort bekommen.
Oder wir können versuchen, uns ins Kindsein hinein zu versetzen.
Mit den Augen der Kinder schauen
- diesen erlebnisoffenen, ganz der Umgebung hingegebenen Augen, diesem Eintauchen in die Umwelt mit allen Sinnen,
wo die Grenze noch gor nicht scharf zu ziehen ist zwischen "innen" und "außen", zwischen Gegenständen und Phantasie.
Da werden Formen zu Gebärden, werden die Dinge lebendig, und in Licht und Farben strömt die Seele mit.
Tauchen wir also in diese Rundungen, Bögen, Kurven und Schwünge des Baues ein und merken,
wie sie die spielerische Phantasie anregen:
"Ein Schiff! Mit breitem, mächtigem Bug rollt es durch die Dünung!"
"Ich finde, es sieht aus wie ein Vogel, der seine Flügel über die Jungen breitet!" "Für mich ist es ein Fabeltier,
das aus tausend Augen über das Land schaut."
Diese Antworten sind aber nur möglich - so kann man vielleicht spüren - weil die Gestalt eine Ganzheit bildet,
nicht nur irgendwie halt "krumm" ist, sondern ausgewogen, in Spannung aufeinander bezogen, in sich verwandt
- eben wie Glieder an einem Organismus.
Aber jetzt müssen wir auch einmal hineingehen - wieder mit den Augen des Kindes.
Da kommen wir zuerst unter das Vordach Es ist gar nicht so hoch, ist auch nicht als Einzelnes drangesetzt
sondern das Gebäude kommt mit seiner Dachfläche herunter zu mir, empfängt und begrüßt mich, nimmt mich auf.
Dann vor mir die Tür im kräftigen Orange:
Sie spricht von der Wärme, die das Haus für mich bereit hält.
Innen schreite ich durch den lichten Windfang, der kurz das "Oben" ahnen läßt - wo es nur zu besonderen Anlässen
hinaufgeht, zur Eurythmie und bei Festen. Jetzt kommt der Flur, wieder eher dämmrig, vielfältig, spannungsvoll,
Licht aus verschiedenen Richtungen empfangend.
Jede Ecke, jede Richtung sieht anders aus:
Hier muß ich meinen Platz finden ... da ist er! Mein Haken, mein Bänkchen!
Schnell die Schuhe gewechselt und hinein durch die warme, rote Tür in den großen, hellen Raum,
der mich freundlich empfängt:
jetzt bin ich da!
Da ist wieder Wärme und Ausgewogenheit, untrennbar eins mit der liebevollen Ausstrahlung meiner Erzieherin,
die mich begrüßt.
Die Decke wölbt sich in einer großen Gebärde über mir und zeigt mir,
daß wir hier zusammengehören.
Warum sie so hoch sein muß?
Nun, der Himmel ist doch auch weitgespannt und nah zugleich.
Architektur und Autor:
PORTUS-BAU
Badener Straße 122
76227 Karlsruhe
Tel. 0721/94421-0
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